Wings for life world run!

„Du fährst zum Laufen nach Holland? Nicht Dein Ernst! Aber bringe bitte mittelalten Gouda mit!“

Typische Reaktion eines Nichtläufers. Kennt Ihr bestimmt auch…kennt jeder von uns! Ignoranten 😉

Wings for life world run 2017.  Hej, was ist das?

Ein besonderer Lauf für diejenigen, die nicht Laufen können. Über 150000 Läufer starten gleichzeitig in 30 Ländern auf 6 Kontinenten.  Die Startgebühren gehen zu 100% in die Rückenmarksforschung. Laufen für einen guten Zweck….für einen sehr guten. Ich möchte nicht vorgreifen, aber nach dem WFLWR-Event am 7. Mai 2017 werden weltweit umgerechnet 6.800.000€ zusammengekommen sein, die direkt der Rückenmarkforschung zugeführt werden.

Eventlocation in Deutschland ist München. Super tolle Stadt. Sure. Aber leider am anderen Ende der Republik. Eine für mich zu lange Nord-Süd-Tangente. Flug ab Bremen ginge, aber die Preisbindung in Apotheken ist nichts gegen die LH Flugkosten. Daher werde ich in Breda/ Holland starten. Eine wirklich schöne Stadt, wie ich feststellen werde. Hier sind 5000 Läufer gemeldet, 3800 werden am Ende starten. Diejenigen die nicht starten, weinen aber definitiv nicht ihren Anmeldegebühren hinterher. Denn auch dieses Geld fliesst natürlich zu 100% in die Rückenmarksforschung.

Bereits am Samstag geht es für uns los. Claudia begleitet mich…die Arme muss mal wieder mit. Oder darf mit! Je nach Betrachtungswinkel. 😜 Doch ein Wochenende in NL lockt auch sie… anderes Land, andere Menschen, andere Architektur, anderes Essen, andere Läden zum Shoppen….

Für die 400km Anreise brauchen wir träge 4 Stunden. Überraschend lange, denn ich hatte bei der Fahrtzeitplanung die 120’er Geschwindigkeitbegrenzung in NL nicht berücksichtigt. Und dabei schaue ich bei Läufen ständig auf die Pace 😉 Niederländische Geschwindigkeitskontrollen sind gnadenlos.

Fantastisches Wetter am Samstag, die Stadt lebt und blüht. Das Leben findet heute draußen in den Cafes und Restaurants statt. Und an den Grachten. Ich bin begeistert!

Meine Startunterlagen hole ich im Gemeindezentrum ab, einem modernen Bau direkt am Veranstaltungsgelände. Hier steht auch eine Armada an Dixie-Klos, getrennt nach Geschlechtern. Vorbildlich!

…Gemeente Breda

Es ist alles professionell organisiert, aber noch sehr ruhig. Ich schnuppere Eventluft. Die ältere Dame am Counter spricht niederländisch mit mir. Ich antworte auf Englisch. Da sie aber kein Englisch spricht, antworte ich noch zusätzlich synchron mit Händen und Füßen. Klappt. Ich bekomme flux meinen Starterbeutel. Das Gemeindezentrum wird morgen auch Treffpunkt für Peter (Co-Moderator beim www.running-podcast.de), Sven (Triathlet aus Düsseldorf) und mir sein. Ein paar Podcast Hörer haben ebenfalls ihr Kommen angekündigt und werden dazu stoßen. Ich stelle die Informationen zum Treffpunkt direkt in unsere strava-Gruppe www.strava.com Wird schon klappen.

….WFLWR Shirt – offiziell gepimpt

Die Stadt erwartet uns. Ein alter, verwinkelter Stadtkern mit vielen z.T. äusserst individuellen Geschäften. Auch die Ladenbaukonzepte sind mitunter innovativ ….aber das gehört hier nicht her. Oben im Blog hatte ich die Gastronomievielfalt bereits erwähnt, denn hier findet das Leben des heutigen Tages statt. Die Sonne zieht uns an einen freien Tisch, wir essen Hollandse broodjes, ich trinke ein obligatorisches Jupiler. Ok, eigentlich waren es zwei 😉

…Bier um Vier

Vor einem Laufevent soll es mir gut gehen…mittelalter Gouda ist lecker und ist mit einem eiskalten ‚Jupiler‘ ein wahrer Genuß. Diese Balance zwischen „Diziplin bei der sportlichen Herausforderung“ und der Fähigkeit, „5 auch mal grade sein zu lassen“ sind mein persönliches Rezept. Have fun and don’t take yourself too seriously. 

Ich beobachte die Menschen. Holländer sind irgendwie gechillt und cool. Außerdem sind sie x.trem gut gekleidet und attraktiv. High fashioned, good lookin‘. Ich weiß, wovon ich rede. Glaubt mir 🙂 Die Stadt hat eine Menge Facetten, ich merke schnell: hier gibt es viel zu entdecken. Den ersten Eindruck bekomme ich direkt beim Weg auf’s Klo. Eine kleine, enge Wendeltreppe führt mich in ein altes Kellergewölbe, interessiert mich, ich muss jetzt doch nicht sooo dringend und gehe einfach mal ein bisschen rum….dann sehe ich das:

…Käse & Wein

und das:

…Wein

und das:

… Gläser

Eigentlich ist für mich alles vorbereitet. Who needs more? Dennoch, versacken darf ich heute nicht. Morgen ist Race Day. Morgen geht es los. Aber schön wäre es gewesen. 😉

Race day. Der kommt jetzt..

…sieht gut aus, auch das catcher car 😉

Auch heute bin ich wieder früh unterwegs. Wenn im Startbereich noch so gar nichts los ist, dann ist das schon eine besonderes Feeling. Sehr intim! Ich kann in Ruhe die Eventstimmung inhalieren. Und ein paar (unsinnige) Fotos & Selfies machen.

Peter ist auch angekommen. Er wollte ursprünglich ebenfalls am Vortag anreisen, hat sich dann aber dagegen entschieden. Aus dem Taunus sind es 3 Stunden Anfahrt. Er ist schon seit 7 Uhr on the road. Das ist ok, denn Peter ist eine Rakete, das wird er im Laufe des Tages deutlich unter Beweis stellen. Ich finde es klasse, dass wir zusammen in Breda starten werden. Ihn zu kennen ist eine Bereicherung.

Auch Sven, seine Partnerin und 3 Podcast Hörer sind jetzt da. Vorfreude im Team bringt Spaß. Fototime:

…mixed crew

Auf geht’s. Wir werden zusammen starten, dann macht jeder seinen Lauf und wir treffen uns im Ziel. Oder im Sanitätszelt. Umziehen und ab in unsere Startbox. Um 12:30 Uhr ist in der Box Anwesenheitspflicht. Kein Spaß…WFLWR hat ein ganz spezielles Warm-Up… 30 Minuten Power Aerobic. Ich muß echt aufpassen, dass ich meine Energie nicht schon vor dem Startschuß verbrauche. Aber wir hopsen wie wild, schwenken die Arme und joggen auf der Stelle. Wahnsinnige Stimmung. Selbst Peter tanzt. 😉

…seht Ihr die zwei Trainer da vorne auf dem Podest?

Und Start. Peter ist direkt weg. Sven zieht, da bleibe ich dran…solange ich kann.

Mein Ziel für diesen Lauf: eine Runde schaffen = 25km Das wäre ein Traum. Die anderen sagen, mir steckt sicherlich noch der Hermannslauf von letzter Woche in den Knochen. Das waren 31 Kilometer mit über 700hm. Weiß nicht…. ich kann die Bedenken nicht nachvollziehen…glaube aber im Rückblick, dass sie recht hatten.

Der WFLWR in Breda wird als RUNDKURS gelaufen. Das ist eine Besonderheit. An allen anderen globalen Eventorten wird ONEWAY gelaufen. Wahrscheinlich geht das in NL nicht, denn das Land ist ja sehr klein!  Ja, das wird der Grund sein 😊.

Meine Verpflegungstaktik für diesen Lauf: an den Versorgungsstellen Tempo rausnehmen, einige Meter gehen um bewusst Trinken und Essen zu können. Dadurch habe ich ausreichend Energie für die nächsten Kilometer. Natürlich muß ich trotzdem auf die Pace schauen…die ersten 10km liegt sie zwischen 4:40 und 4:50 . Für mich hammerschnell.

Sven hat durch meinen Stop an Vorsprung gewonnen, aber ich sehe ihn noch. Einige Kilometer funktioniert der Sichtkontakt, dann ein weiterer Trinkstop von mir …und Sven verschwindet aus meinem Sichtfeld. Am Ende wird er 32 km gelaufen sein…ein fantastisches Ergebnis.

Eine Blaskapelle macht Musik…niederländische Blasmusik. Das irritiert mich.

Die Strecke ist angenehm. Mit einem schnellen, flachen Höhenprofil. Oftmals laufen wir deutlich unter dem Meeresspiegel, bis zu -18m. Normalerweise nehme ich für diese Tiefe mein Tauchequipment, einen 5mm Neo und gehe unter Wasser. Aber in NL renne ich über die Strecke und schwitze auf den Asphalt. Meine Beine funktionieren, erst ab Kilometer 22 werden sie schwerer. Bin ich doch zu schnell gestartet? Jetzt kommt mir der Hermannslauf wieder ins Gedächnis.

Junge, hübsche Athletinnen laufen entspannt an mir vorbei. Twenpower in running shoes. Schnell enwickelt sich ein Bild in meinem Kopf: schöne Motivationsköder, ich hefte mich dran, laufe hinterher.

Hej, ich bin zum Laufen hier, vergessen? Natürlich hole ich sie nicht ein….wie auch?! Ich entscheide mich wieder langsamer zu laufen. Merke, wie die Energie nachlässt. Ich sehe am Stassenrand ein totes Pferd liegen. Der Kopf ist leicht abgedeckt, trotzdem kein schöner Anblick. Der Besitzer sitzt in unmittelbarer Nähe und wartet auf den Abdecker. Nun ja, that’s life. Bisschen Kraft habe ich ja noch.

In Kürze werden wir wieder die Innenstadt von Breda erreichen. Die Strecke ist gut ausgeschildert. Aber ich sehe natürlich auch so, wo die Meute langläuft.

Meine fenix3 zeigt mir, dass ich die 21km inzwischen überschritten habe. Ich drehe mich um….vom catcher car noch nix zu sehen. Die von mir avisierten 25 km sollte ich also nach Hause bringen.

… da lang

Die Musik wird lauter, die Zuschauerdichte nimmt wieder deutlich zu. Eine Sambatruppe spielt…. trotz der Anstrengung federe ich beim Laufen leicht mit, bekomme Gänsehaut…welcome back Endorhpine ✌ Auch für dieses Gefühl lohnt es sich zu laufen.

Links sehe ich den Startbereich, laufe rechts dran vorbei, gehe für wenige Meter in die zweite Runde, die Zuschauer jubeln, schreien und klatschen….das gibt noch mal Kraft…komm mach“, schreie ich mich selber an, ein paar Meter wirst Du schon noch schaffen.“ 

Dahinten kommt es, die Motorräder sind bereits an mir vorbei und sichern die Durchfahrtsbreite für das catcher car. Immer öfter drehe ich mich um, ich sehe es, mache nochmal Tempo….das reicht nicht mehr, bei Kilometer 26.2 holt es mich ein, just in diesem Moment streikt meine Handycam…

Shit happens. 

Mein Lauf ist zu Ende, mit dem Ergebnis bin ich äusserst zufrieden. Geschafft. Bin weiter gelaufen als erhofft, trotz Hermannslauf in der Vorwoche…aber den Hermann habe ich zum Ende deutlich spüren können, er saß noch immer in meinen Muskeln und Sehnen.

Claudia empfängt mich. Auf der Eventfläche ist Party. Ich bekomme eine Medaille umgehängt und ein RedBull in die Hand gedrückt. Ehrlich? Ein Erdinger wäre mir lieber! Dann hole ich Fritten. Mit Mayo. Ist da Haschisch drin? „Bedankt“, wie die Holländer sagen. Mit meinen 26.2km belege ich global den 7935. Platz (von 153000 Läufern), im nationalen Lauf NL Platz 726 (von 3800 Läufern). 5:00 Pace, Wow!

Jemand ruft meinen Namen….auf der Eventfläche treffe ich Michael, den ich ebenfalls durch die running-podcast Laufcrew kenne. Ich wusste nicht, dass er auch in Breda läuft. Man sieht sich den ganzen Tag nicht und wird annähernd bei der identischen Streckenlänge vom catcher car überholt…ok, Michael ist 100m weiter gekommen… Läuferanekdote ✌

„Sieger fahren mit dem Bus“ rufe ich Peter zu, als dieser aus dem Shuttle steigt. Ein wenig steif und schwerfällig, aber das steht ihm zu. Er legt ein grandioses Ergebnis hin: 44.3 km ist er gelaufen und ist mit dieser Strecke bei den globalen Plazierungen auf Platz 487. Grandios Peter! 

…until it catches you

Ja, das catcher car hat mich überholt. Nein, ich wurde dabei nicht überfahren oder verletzt.

Ich habe Breda sehr genossen. Sowohl die Stadt, als auch das Laufevent. Und die gemeinsame Zeit mit Claudia und tollen Laufbuddies, von denen jeder seinen persönlichen Sieg mit nach Hause nimmt. Mittelalten Gouda für den Ignoranten vom Anfang des Blogbeitrags habe ich nicht mitgebracht. Dafür habe ich selber viel davon gegessen und niederländisches Bier getrunken. Eine gute Freundin hat letztens zu mir gesagt: „Du bist ein toller Typ und guter Sportler, aber wenn Du Dich noch gewissenhafter und gesünder ernähren würdest, dann könntest Du noch schneller Laufen.“ Will ich das?

Eventuell wird Ernährung ja eines der nächsten Blogthemen, ich kann durchaus Empathie entwickeln….who knows?!

Have fun and don’t take yourself too seriously.

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