RUN the Hermann!

Hermann, alter Cheruskerfürst, Du hast mich geschafft, aber nicht besiegt!

Oder nenne ich Dich besser Arminius, denn das ist Dein richtiger Name. Du hast im Jahre 9 im Teutoburgerwald gegen die Römer gekämpft, ich habe im Jahre 2017 im Teutoburgerwald gegen die Höhenmeter gekämpft. Wir haben beide gewonnen. Du Deine Schlacht, ich meinen Lauf. Du hast ein 53m hohes Denkmal in Detmold, ich habe eine 5cm große Finishermedaille um den Hals. Ich hatte heute Spaß, Du damals nicht. ✌
Der Lauf war knackig, genau wie ich erhofft aber auch befürchtet hatte!!!

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Wenn vor einem Lauf am sehr frühen Morgen der Wecker klingelt, dann hasse ich mein Hobby für einen kleinen Moment. Frühes Aufstehen fällt mir echt schwer! Aber da ich nicht einschätzen kann, wie groß der morgendliche Akkreditierungsandrang in Bielefeld ist, möchte ich pünktlich vor Ort sein. Jeder Lauf beginnt nämlich mit dem gleichen Ritual, mit der Abholung der Startunterlagen. Immer! Dass mir heute ein typischer Anfängerfehler unterlaufen wird, konnte ich im Vorfeld nicht ahnen, denn ich war….viel zu früh bei der Akkreditierung. Punkt 7 Uhr. In nur 5 Minuten hatte ich meine Startunterlagen und in nur weiteren 3 Minuten konnte ich meine mir ursprünglich zugewiesene Startergruppe von C auf B ändern lassen. Mit smalltalk fertig um 7:15 Uhr. Da stehste nun und frierst….draussen zwar Sonne, aber nur 3 Grad. Eiskalt!

…dieser Sonnenaufgang hilft beim Aufstehen

Beim Hermannslauf gibt es die Besonderheit, dass Deine Startnummer zugleich die Fahrkarte für den Busshuttle zum Hermannsdenkmal ist. Bevor der Spaß beginnt, fährst Du erstmal 1 Stunde Bus. Der Hermannslauf ist ONEWAY. Vom Hermannsdenkmal in Detmold zur Sparrenburg nach Bielefeld. Um 7:30 Uhr saß ich im Bus. Erst wenn der Bus voll ist, geht es los. Es ist 7:45 Uhr. Abfahrt! Spätestens eine Stunde später müssten wir am Hermann sein. Dann sind es noch satte 2.5 Stunden bis zum Start. OMG. Eine verdammt lange Wartezeit steht an. Anfängerfehler eben  (s.o.) 😣

…take a shuttle

Im Bus rechts neben mir sitzen Wanderer. Hej, das ist eine weitere Besonderheit des Hermannslauf: auch Wanderer sind für das Laufevent zugelassen. Nun ja, ist ja schliesslich auch der Hermannsweg. Da kannste toll wandern…besonders gut geht das mit Seppelhut. Zumindestens glaubt das der kontinuierlich quasselnde, mindestens 70-jährige Rucksackträger. Er berichtet seinem Sitznachbarn über den letzten Krieg, dass sein Vater in der Kavallerie war und dann in Kriegsgefangenschaft kam. Er beschreibt die Uniformen und erzählt irgendwas über Waffen. Will ich das hören so früh am Morgen? Nein, nicht wirklich!

Mein direkter linker Sitznachbar scheint etwas zu frieren! Nein, es scheint nicht so, er friert tatsächlich! Er sitzt mit Nike-Baumwollshirt und in einer blauen Badeshort im Bus. „Es wird ja wärmer nachher“. Laufschuhe hat er an, aber er tut mir trotzdem ein wenig leid. Brrr…

Natürlich kommen wir ins Gespäch. Ein wirklich netter Kerl, so Ende 20. Er arbeitet in einem Krankenhaus, spielt Fussball und läuft erst seit drei Monaten….Respekt, jetzt schon den Hermann laufen?! „Ja, er ist in der Vorwoche mal 30 km gelaufen, wollte ein Gefühl für die Streckenlänge bekommen…“ Wow! Auf der Fahrt gebe ich ihm ein paar Tips: an den Verpflegungsstationen ausreichend trinken, Bananen essen, die Gels rechtzeitig nehmen, am Anfang nicht zu viel Tempo… all das bekannte Coachinggesülz. Er startet in Startergruppe C, also 5 Minuten nach mir. Bei ca. Kilometer 26 wird er locker an mir vorbeiziehen, wird mir im Vorbeilaufen noch viel Kraft wünschen. Bei meinem Zieleinlauf lehnt er bereits lässig am Absperrgitter, quatscht mit einem Laufkumpel und wird mir zu meiner tollen Performance gratulieren…..unterschätztes Naturtalent!!! ER, nicht ich!!!

Als wir um kurz nach halb Neun am Hermann ankommen ist es noch sehr leer… ich muss erst mal für kleine Hermänner… das 386m-Klo-Special…wer hat das schon 😉 Ist in der Startgebühr inkludiert.

…freier Fall, das 386m freefall Plumpsklo

Ich setze mich auf eine Bank. In die Sonne. Warte, friere wenn die Windböen kommen und quatsche mit anderen Läufern. Bis kurz vor Zehn. Dann mache ich auf zum Start. Ok, vorher noch ein paar Selfies 😉

…blauer Startbogen & blue sky

Die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt schon sensationell. Genau wie das Wetter! Ich stehe in der Startmenge. Startgruppe A ist raus. Jetzt wird B runtergezählt: 10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.go!

Raus auf die Strecke. Die Zuschauer im Startbereich ziehen mich durch Anfeuern den kurzen Anstieg zum Hermann hoch, dann geht es direkt mit einer smarten Rechtskurve in den Wald. Es ist voll auf der Strecke, die ersten 600m kommt es immer wieder zum Stillstand….nach 1000m weiß ich warum.

Eine (etwas ältere) Läuferin ist gestürzt. Rechtes Knie. Offen bis zum Knochen, die Helfer sind schon bei ihr. Beim Vorbeilaufen blicke ich voll auf ihre Kniescheibe. Urrgh, ….offene Fleischwunden gehören nicht unbedingt zu meinen Favoriten 😲.

Ab jetzt genieße ich den Lauf. Erst runter, dann rauf, runter, rauf, runter, rauf, flach, rauf. Mitten im Wald höre ich auf einmal Hardrock aus dem Blaster, sehr gut, dann, einige 1000 Meter weiter, erwartet mich eine Blaskapelle mit „Eye of the Tiger“ im Schützenfest Remix. Weitere tausende Meter später, in dem kleinen Ort Oerlinghausen….Party, Samba & Rock’n Roll. Ich hätte nie gedacht, dass die Ostwestfalen so aus sich heraus kommen können. Für mich sind das Endorhpine pur. Diese Stimmung ist der Hammer!! 💥

In der zweiten Hälfte gibt Hermann sein volles Kontra. Er lässt sich nicht ohne weiteres bezwingen. Da kommen doch noch die Lämershagener Treppen. …steil, steiler, what the f… meine vordere Oberschenkelmuskulatur will dicht machen. Autsch, diese Anstiege sind echt grausam für meine Beinmuskulatur. Die erste Treppe jogge ich noch, bei der zweiten werde ich durch die „Geher“ ausgebremst. Kein Vorbeikommen. Bei Treppe 3 gehe ich bereits freiwillig…Treppe 4 würde ich gerne komplett auslassen, darf aber nicht.

…natürlich geht’s links lang

Spätestens jetzt spüre ich den ganzen Hermann. Die letzten Kilometer fordert er noch mal alles von meinen Beinen. Wir nähern uns allmählich dem Zielbereich. Gleich werde ich die Sparrenburg und den roten Zielbogen sehen. Das Läuferfeld ist sehr auseinander gezogen. In 1000m soll das Ziel sein. Die Menschenmenge am Rand wird deutlich dichter, es wird lauter, ich höre Trommeln, laute Musik….noch 500 Meter, die Menge tobt, ich höre jemanden meinen Namen rufen, meine Familie steht hinter den Absperrungen, winkt, „go,go,go…“, jetzt noch mal alles geben, die letzten Reserven aktivieren….da ist das Ziel, ich kann es greifen, ja…Ziellinie…ZIEL! Ich bin drin….die Endorphine tanzen!!!

3 Stunden 10 Minuten 17 Sekunden

Medaille schmeckt nach Medaille

Eines beherrsche ich sehr gut. Den Moment zu genießen, abzuschalten und unmittelbar den inneren Regenerationsknopf zu drücken. So kurz nach dem Zieleinlauf ein unbeschreibliches Gefühl.

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